Von Hitze bis Schnee – wie Wetterextreme das Bauen verändern

TIM-forumBAU bot in Wels Ausblick in die Zukunft des Bauens

TIM-Projektmanager Alois Keplinger beim forumBAU © TIM
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16.12.2019

Hitze, Hagel, Hochwasser und Schnee – Wetterextreme werden häufiger und es wird immer klarer, dass bisherige Lösungen den neuen Anforderungen nur noch zum Teil gerecht werden. Das diesjährige forumBAU am Campus Wels der FH OÖ hat diese „heiße“ Thematik aufgegriffen.

Auf Einladung des von Land OÖ und der WKOÖ finanzierten Technologie- und Innovations-Managements (TIM), der Landesinnung Bau und der FH-Wels informierten Experten über aktuelle technologische, normative und versicherungstechnische Entwicklungen.

„Es gibt kein Wetterextrem, das uns in der Bauwirtschaft nicht berührt“, erklärte bei seiner Begrüßung Oberösterreichs Bau-Landesinnungsmeister Norbert Hartl den Besuchern, unter denen sich neben Unternehmern, Sachverständigen, Planern und Fachkräften aus Handwerk und Industrie auch Studierende und HTL-Schüler befanden. Damit spiegelte schon das Besucherspektrum den Anspruch von TIM wider. „Die Vernetzung der Wirtschaft mit der Wissenschaft – und auch potentiellen Mitarbeitern – ist unser Kernanliegen“, unterstrich TIM-Projektmanager Alois Keplinger. „Als Technologietransfer-Einrichtung ist es für uns nicht nur wichtig, die Zeichen der Zeit wie jene des Klimawandels zu erkennen. Und geht es auch um das gemeinsame Erarbeiten und Vermitteln von Lösungsansätzen“, sagte Keplinger. TIM initiiert jährlich rund 150 Projektentwicklungen und begleitet zirka 60 F&E-Vorhaben. Dabei nutzen Unternehmen das Know-how und die Ausstattungen von Forschungseinrichtungen (Universitäten, Fachhochschulen, Kompetenzzentren) und verbessern dadurch ihre Wettbewerbsposition.

Hitzebelastung nimmt zu

Zu den angesprochenen Wetterextremen zählen beispielsweise Starkniederschläge. Dass diese zunehmend häufiger und heftiger auftreten, bestätigte Michael Winkler von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Innsbruck. „Die Folgen dieser Niederschläge sind dann oft Hochwasser und Murenabgänge“, sagte der Meteorologe, der in Wels als Bindeglied zwischen den Klimatologen und der Baubranche referierte. Ein Faktum sei auch, dass die extreme Kälte seit Jahrzehnten abnimmt, als Folgen nennt Winkler das Auftauen von Permafrost im Hochgebirge und daher mehr Steinschlag und Muren. „Gleichzeitig nimmt die Hitzebelastung weiter zu. Für das Bauwesen bedeutet das unter anderem mehr Hitzeschäden sowie einen steigenden Strombedarf für die Kühlung“, sagte Winkler.

„Kein Grund zur Entwarnung“

Auch wenn es stetig wärmer wird und weniger Schnee fällt – auch beim Thema Schneelast sieht der Meteorologe keinen Grund zur Entwarnung. „Langfristige Prognosen sind hier leider schwierig, aber durch die Kombination aus Niederschlag und Temperaturen werden immer wieder extreme Schneelasten auftreten“, erklärte Winkler und verwies auf das ZAMG-Forschungsprojekt „Schneelast.Reform“, das sich mit diesem Wetterextrem seit 2018 wissenschaftlich auseinandersetzt.

Kraftwerk Gosau als Vorbild

Über das Wetterextrem Hochwasser und Schutzmaßnahmen dagegen referierte in Wels Sophie Messerklinger, Professorin für Baubetrieb und Bauverfahrenstechnik an der FH OÖ. „Egal, ob es sich um mobilen Hochwasserschutz wie in der Stadt Salzburg, eine Hubbrücke wie in Mittersill oder einen Umleitungsstollen wie in der Schweizer Stadt Thun handelt, Maßnahmen gegen Hochwasser müssen vorgedacht und vorgebaut werden“, erklärte Messerklinger. Ideal, so die FH-Professorin, seien multifunktionale Bauwerke.

„Wenn ein Bauwerk zum Hochwasserschutz auch der Infrastruktur oder der Energieversorgung dient, sind die Investitionen optimiert eingesetzt“, sagt Messerklinger und nennt als Beispiel das Kraftwerk Gosau. „Der eigentlicher Zweck der Errichtung von Damm und Kraftwerk im Jahr 1910 war, Retentionsräume für den Hochwasserschutz für das Gosautal zu schaffen. Die Erzeugung von elektrischem Strom war damals nur ein willkommener Nebeneffekt. Heute ist das Kraftwerk ein wichtiger Bestandteil der Stauraumbewirtschaftung Vorderer Gosausee“, so Messerklinger.

Bauen Sie resilienter!

Sind Bauten zukünftig noch gegen Naturkatastrophen versicherbar? Dieser Frage widmete sich in Wels Thomas Hlatky als Leiter der Rückversicherung bei der Grazer Wechselseitigen (GRAWE). Er plädierte für mehr Risikobewusstsein und dafür, die von Wetterextremen ausgehenden Gefahren sichtbar zu machen. Hlatky verwies in diesem Zusammenhang auf die Website www.hora.gv.at. „Unter dieser Adresse kann jeder Adressabfragen machen, sich in die digitale Gefahren-Landkarte klicken und durch verschiedene Zoom-Einstellungen die Gefährdung des eigenen Hauses oder Grundstückes durch Naturgefahren erkennen“, erklärte Hlatky.

Dass Wetterextreme wie Hochwasser, Stürme, Hagel oder Schneedruck immer häufiger auftreten, bereite der Versicherungswirtschaft natürlich Probleme. „Extremwert-Veränderungen um nur wenige Prozent verursachen dramatisch mehr Schäden. Wenn wir Gebäude künftig noch ausreichend gegen die Naturkatastrophenrisiken versichern sollen, müssen sie besser oder an nicht gefährdeten Plätzen gebaut werden“, so Thomas Hlatky. Daher sein abschließender Appell an alle Bauherren: Bauen Sie resilienter! Bauen Sie an geeigneten Bauplätzen!

Erfolgreicher Hagelschutz

Mit dem Thema Hagel beziehungsweise dem Schutz vor Hagelschäden beschäftigte sich beim forumBau Arthur Eisenbeiss vom Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung (IBS) Linz. „Die Häufigkeit von Gebäudeschäden durch Hagelunwetter hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Deshalb kommt sowohl der Schadensprävention als auch der Prüfung von Baumaterialien auf ihre Hagelresistenz eine immer größere Bedeutung zu“, erklärte Eisenbeiss. Er verwies in diesem Zusammenhang ebenfalls auf die online abrufbare Hagelgefährdungskarte HORA und auf das im Internet zu findende Hagelregister des „Elementarschaden Präventionszentrums“. „In diesem Register sind diese Prüfergebnisse transparent, vergleichbar und standardisiert publiziert. Konsumenten und Planer haben somit eine objektive Vergleichsmöglichkeit. Und die Verwendung derart geprüfter Baumaterialien minimiert das Risiko von Schäden an der Gebäudehülle“, so Arthur Eisenbeiss.

Bauen in Klimaextremen

Hohe Temperaturen, starke Sonneneinstrahlung, Wüstensand, Tropenstürme, Erdbeben- und Hagelgefahr, salzhaltige Luft – mit allen diesen Klimaextremen war die Firma Seele bei Bauprojekten in Australien, Saudi Arabien und Thailand konfrontiert. Vorgestellt wurden diese Projekte des Fassadenbauspezialisten mit Sitz in Schörfling von Ingo Volkshausen. Er informierte die Zuhörer über die Herausforderungen, die es bei der Planung und Umsetzung derartiger Bauten zu stemmen gilt. „In Australien etwa kann es vorkommen, dass man an einem Tag alle vier Jahreszeiten erlebt. Unter anderem kann wie aus dem Nichts Starkhagel auftreten, die Fassadenelemente für ein Einkaufszentrum haben wir deshalb hier in Linz vorab einem Beschusstest mit Eisballkanonen ausgesetzt“, erzählte Volkshausen aus der Praxis.


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